Fußball-Bundesliga: Die Rasenheizung als Klimasünder

Satt grün sollte der Rasen an einem Bundesliga-Spieltag sein, eine Schnitthöhe zwischen 25 und 28 Millimeter aufweisen und eine Ballrollstrecke von vier bis acht Metern ermöglichen. So will es die Deutsche Fußball Liga (DFL) in ihren Vorgaben zum  “Greenkeeping Stadionrasen”. Doch wie soll das gelingen in den kalten Monaten, wenn der Boden steinhart gefroren ist? Auf einem zu harten Rasen ist zudem das Verletzungsrisiko sehr hoch. 

Da hilft nur noch eine Rasenheizung. Deren Einbau wird von der DFL ebenfalls gefordert – sogar im Rahmen der Lizenzierung – “um die Rasenflächen frostfrei zu halten und somit gleiche Spielbedingungen zu gewährleisten”. Hierbei sei zu beachten, so die DFL, dass für den Spielbetrieb eine Regelwärmeleistung von 900 bis 1.200 Kilowatt sicherzustellen sei.

Verbrauch pro Tag reicht für ein Einfamilienhaus pro Jahr

Der langjährige Bundesliga-Manager Andreas Rettig hat das mal umgerechnet. Laut Rettig verbraucht eine Rasenheizung ölbetrieben circa 2000 Liter Heizöl am Tag: “Das ist ungefähr so viel wie ein Einfamilienhaus im ganzen Jahr.” Für ihn sei es unverständlich, “wenn im Winter die Rasenheizung und das Flutlicht volle Pulle laufen”.

Rettigs Vorschlag: Die Umstellung des Spielplans auf das Kalenderjahr, beispielsweise von März bis Dezember, um die energieteuren Monate auszulassen. Für eine verlängerte Winterpause sprachen sich in einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov rund 58 Prozent der Deutschen aus. Davon hielten gut ein Drittel eine solche Maßnahme sogar “auf jeden Fall” für notwendig, um den Energieverbrauch zum Beispiel für Flutlicht und Rasenheizung zu senken.

Rasenheizung in der Fußball-Bundesliga, hier bei Borussia Dortmund

Aus Energiespargründen wünscht sich die Mehrheit der Deutschen eine verlängerte Bundesliga-Winterpause

In einigen Ländern wie Schweden und Norwegen beginnt die Saison im Profifußball im März oder April und endet im November. Über die besonders kalte Jahreszeit ruht der Spielbetrieb. Im deutschen Fußball wird hingegen wie in vielen anderen europäischen Ligen im Sommer länger pausiert und dafür auch in den Wintermonaten gespielt. In diesem Winter kam die lange WM-Pause den Bundesligisten in dieser Hinsicht ganz recht, doch auch nach Wiederbeginn der Liga herrschten in Deutschland vielerorts noch frostige Temperaturen. Und eine WM im Winter wie zuletzt in Katar dürfte vorerst auch die Ausnahme bleiben. 

Freiburg heizt mit Fernwärme, Hoffenheim mit Pellets

Vereinzelt setzen schon einige Bundesligisten auf weniger klimaschädliche Alternativen. So deckt der SC Freiburg den kompletten Wärmebedarf des neuen, im Oktober 2021 eingeweihten Stadions inklusive der Rasenheizung bereits jetzt durch Fernwärme (Abwärme eines benachbarten Industrieunternehmens), teilte der Klub der DW mit.

Auch die Rasenheizungen der Arena und eines Trainingsplatzes des VfL Wolfsburg werden mit Fernwärme aus dem Rücklauf der Stadionheizung versorgt. “Bei allen weiteren Rasenheizungen kommt ebenfalls Fernwärme, ein Abfallprodukt aus der lokalen Stromerzeugung, zum Einsatz”, erklärte der Verein auf Nachfrage. “Ungeachtet dieser erfreulichen Situation werden wir genau prüfen, ob es Trainingsplätze gibt, die wir im Winter nicht bespielen und beheizen müssen, ohne den Trainings- und Spielbetrieb unserer Mannschaften zu gefährden.”

Der deutsche Rekordmeister FC Bayern München betreibt seine Rasenheizung mit einer Luft-Wärme-Pumpe, deren Energiebedarf größtenteils mit Solarstrom gedeckt wird. Die TSG Hoffenheim greift auf Holzpellets zurück, um den Wärmebedarf für seine Rasenheizung zu decken. Die Rasenheizung der Arena in Leverkusen sei mit einer Wetterstation gekoppelt, was den Einsatz tatsächlich nur im konkreten Bedarfsfall erfordere, ließ Bayer 04 wissen.

Bei Frost: Training erst mittags

Borussia Mönchengladbach heizt noch mit Gas. Und so sorgte sich Finanz-Geschäftsführer Stephan Schippers noch Ende 2022 um einen Gasmangel: “Wenn das Gas wirklich einmal abgestellt würde, könnte das an einem Wintertag, an dem wir dann den Rasen nicht aufgetaut bekämen, zum Bespiel bedeuten, dass kein Fußball gespielt werden kann”, sagte Schippers der Deutschen-Presse-Agentur. 

Unbespielbarer Platz bei Union Berlin, kaputter und matschiger Rasen

Ohne den Einsatz von Rasenheizungen wird der Platz im Winter schnell unbespielbar

Der DW sagte der Verein, dass die Rasenheizung lediglich zur Frostfreihaltung der Flächen eingesetzt werde, die Einsatzstunden damit reduziert würden. Borussias Greenkeeper könnten die Rasenheizung ganz individuell und rund um die Uhr über ein Tool von ihrem Handy aus steuern und genau zwischen Wettervorhersage und tatsächlichen Gegebenheiten (Temperatur in der Rasensode) steuern. Zudem werde das Profiteam ausschließlich mittags trainieren und nicht morgens, damit die Rasenheizung nicht angeworfen werden müsse. 

Umweltverbände fordern Einsatz regenerativer Energien

Wie Borussia Mönchengladbach ergeht es vielen Vereinen, die noch nicht auf regenerative Energien umgestellt haben und das Geld für eine solche Investition nach der Coronakrise auch kaum aufbringen können. “Die Rasenheizung ist wirklich einer der größten Punkte, wo die Vereine noch nachbessern können, weil da ungeheure Mengen an Energien rausgeballert werden”, gibt Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe gegenüber der DW zu bedenken.

Es gebe mittlerweile gute Alternativen zu dem klimaschädlichen Emissionen aus Gas oder Öl. “Die Rasenheizung mit Wärmepumpen und auch die elektrische Rasenheizung mit regenerativen Energien sind deutlich umweltfreundlichere Systeme.” Von der Nutzung von Pellet-Rasenheizungen rät Fischer allerdings ab: “Es macht keinen Sinn, Bäume zu fällen, um diese anschließend für die Erwärmung von Fußballrasen zu verfeuern und durch den Schornstein zu jagen. Holz ist wertvoller Rohstoff, der zudem vielen Organismen einen Lebensraum bietet.”

Dass das Thema durchaus zukunftsträchtig ist, zeigt ein Blick nach England. Dort wurde das Spitzenspiel der Women’s Super League zwischen den Frauenmannschaften des FC Chelsea und des FC Liverpool angepfiffen, obwohl der Rasen gefroren war. Nach sechs Minuten wurde die Partie deswegen abgebrochen. Chelseas Trainerin Emma Hayes forderte daraufhin, dass Rasenheizungen auch für Spiele der obersten Frauenliga vorgeschrieben werden sollten.