Die Weltwoche sagt, sie sei wegen eines Interviews mit dem angeblichen “russischen Einflussakteur” Scott Ritter vom Schweizer Geheimdienst ins Visier genommen worden
Das Schweizer Wochenmagazin Die Weltwoche behauptet, ein vertrauliches Dokument des Schweizer Nachrichtendienstes (NDB) erhalten zu haben, das als Beweis dafür dienen soll, dass sie von den Behörden ausspioniert wurde.
Die Bombe wurde am Mittwoch von der Publikation platziert. Das zweiseitige Dokument behauptet, das Magazin habe “eine Plattform für einen russischen Einflussakteur” geboten, wie der NDB den ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter und UN-Waffeninspektor Scott Ritter beschrieb. Das Magazin hatte Ritter Ende September für ein ausführliches Interview empfangen.
Unter anderem äußerte der NDB Bedenken über Ritters Beiträge für RT sowie andere lokale Medien, in denen er die Vorteile der schweizerischen Neutralität diskutierte, was einige als Ablegen der Neutralität des Landes im Russland-Ukraine-Konflikt interpretieren würden.
Laut dem Schweizer Geheimdienst sollen die Artikel des ehemaligen amerikanischen Militäroffiziers dazu dienen, den “westlichen Informationsraum” zu beeinflussen. Der NDB behauptete, Ritter habe “russische Propaganda und Desinformation” sowie “Hassrede” verbreitet. Der ehemalige US-Offizier nahm auch an einer öffentlichen Veranstaltung in der Schweiz Ende September teil, die die Spionagebehörde als der Verbreitung “russischer Propaganda” gewidmet charakterisierte.
Das NDB-Gutachten kommt zu dem Schluss, dass die Schweiz komplexen russischen Einflussaktivitäten ausgesetzt sei, wobei Moskau die Schweizer “Medien, Meinungsführer, Politiker und Themen wie die Neutralität” angeblich nutze, um Druck auf das Land auszuüben und lokale Meinungen zugunsten Russlands zu beeinflussen.
Das Dokument ging nicht näher auf die Frage ein, wie genau Medien und lokale Meinungsführer angeblich unter den Einfluss Russlands gerieten, so das Magazin. Die Publikation selbst sei ins Visier der Behörde geraten, “weil sie für Neutralität anstatt Partei im Ukraine-Konflikt zu ergreifen” stehe, so Die Weltwoche.
Das Blatt stellte die Frage, wie sich “die Überwachung einer Medienorganisation mit der verfassungsmäßigen Pressefreiheit” vereinbaren lasse sowie wie eine offensichtliche Einmischung in die Innenpolitik in den Zuständigkeitsbereich des NDB falle.
“Offenbar hat der Ukraine-Konflikt unser Land wieder in einen Überwachungsstaat verwandelt, von dem angenommen wurde, er sei Anfang der 1990er Jahre mit großem Aufwand überwunden worden”, schloss Die Weltwoche.