Das Wichtigste in Kürze:
- Selensky will Rückeroberung Schritt für Schritt
- Raketenbeschuss vom Kaspischen Meer
- Getreidewaggons rollen nach Russland
- Kanada verteidigt Ausfuhr von Siemens-Turbine
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Absicht bekräftigt, von Russland besetzte Gebiete seines Landes zurückzuerobern. “Es ist uns bereits gelungen, einen Teil des nach dem 24. Februar besetzten Territoriums zu befreien”, sagte Selenskyj in der Nacht zum Sonntag in seiner täglichen Videoansprache. “Nach und nach werden wir auch andere Regionen unseres Landes befreien, die zurzeit besetzt sind.”
Knapp fünf Monate nach Kriegsbeginn hatte die Ukraine zuletzt Gegenoffensiven im Süden gestartet und etwa vor einigen Tagen in der Region Cherson ein russisches Munitionslager beschossen. Bei der Rückeroberung besetzter Gebiete sollen auch aus dem Westen gelieferte Waffen zum Einsatz kommen.
Selenskyj warf Russland vor, im Krieg gegen sein Land gezielt Falschnachrichten als Waffe einzusetzen. Die Ukrainer bräuchten “eine Art emotionaler Souveränität”, um dieses “Informationsspiel” nicht mitzuspielen, sagte er. Unwahrheiten etwa über angeblich vorbereitete Raketenangriffe verfolgten nur einen Zweck: “den Raketen- und Artillerie-Terror gegen unseren Staat durch Informationsterror zu ergänzen”.
Raketenbeschuss vom Kaspischen Meer aus
Russland hat die Ukraine Angaben aus Kiew zufolge von der Region des Kaspischen Meeres aus mit Raketen beschossen. Vier von insgesamt sechs Raketen seien über den Gebieten Dnipro im Osten und Saporischschja im Süden abgefangen worden, teilten die ukrainischen Luftstreitkräfte mit. Zwei weitere seien auf landwirtschaftlich genutztem Gebiet in der zentralukrainischen Region Tscherkassy eingeschlagen. Der Schaden werde noch untersucht.
An das Kaspische Meer grenzen neben Russland unter anderen auch die Südkaukasus-Republik Aserbaidschan und das zentralasiatische Kasachstan. Nach ukrainischer Darstellung sollen bei dem Beschuss Langstreckenbomber vom Typ Tupolew Tu-95 zum Einsatz gekommen sein. Aus Moskau gab es zunächst keine Bestätigung. Russland hatte zuvor allerdings angekündigt, knapp fünf Monate nach Kriegsbeginn die Angriffe auf das Nachbarland wieder ausweiten zu wollen. Nachdem bereits am Freitag zwischenzeitlich in der gesamten Ukraine Luftalarm ausgelöst worden war, heulten die Sirenen auch am Samstag wieder in fast allen Landesteilen.
100 Waggons mit Getreide rollen Richtung Russland
Die prorussische Verwaltung einer Region im Südosten der Ukraine führt nach eigenen Angaben in großem Umfang Getreide aus. “Mehr als 100 Waggons wurden bereits abgeschickt, ein weiterer Vertrag über 150.000 Tonnen wurde mit einem Getreidehändler abgeschlossen”, teilte der Chef der russischen Militärverwaltung von Saporischschja, Jewgeni Balizki, auf seinem Telegram-Kanal mit. Die Ukraine wirft Russland bereits seit Monaten Getreidediebstahl vor.

Die Ukraine war vor dem Krieg einer der größten Getreideexporteure der Welt
Balizki machte keine Angaben dazu, wohin das Getreide gebracht werden soll. Per Bahn kann das Getreide aber nur nach Russland oder auf die von Russland seit 2014 annektierte Halbinsel Krim gebracht werden. In einem vor Ort typischen Eisenbahnwaggon können ukrainischen Angaben zufolge rund 70 Tonnen Getreide transportiert werden. Laut Balizki ist neben dem Eisenbahntransport aber auch die Verschiffung über den Seeweg geplant. “Etwa 100.000 Tonnen werden über den Seehafen Berdjansk exportiert”, kündigte er an.
Saporischschja weiter unter ukrainischer Kontrolle
Russland hatte nach Beginn des Einmarsches in die Ukraine im Februar schnell den südlichen Teil der Region Saporischschja mit dem dort befindlichen Hafen Berdjansk am Asowschen Meer erobert. Der Vormarsch nach Norden wurde allerdings gestoppt, so dass die Gebietshauptstadt Saporischschja selbst weiterhin unter der Kontrolle Kiews steht.
Nach Angaben aus Kiew stecken durch den russischen Angriff und die Seeblockade im Schwarzen Meer mehr als 20 Millionen Tonnen ukrainisches Getreide fest. Erst allmählich gelingt es der Ukraine, alternative Exportrouten über den Landweg zu etablieren.
Kanada steht zu seiner Entscheidung
Im Streit um die in Kanada reparierte Siemens-Turbine für die Gaspipeline Nord Stream 1 hat die Regierung in Ottawa nochmals ihre Ausfuhrgenehmigung verteidigt. Die Entscheidung darüber sei “sehr schwierig” gewesen, sagte Finanzministerin Chrystia Freeland. “Aber es war die richtige Entscheidung.” Freeland verwies auf die Energieprobleme, “denen sich Deutschland und unsere europäischen Partner gegenüber sehen”.

Rohrsysteme der Ostseepipeline Nord Stream 1 in Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern
Kanada sehe diese Probleme und habe entsprechend gehandelt. Außerdem habe Deutschland klar gemacht, “dass seine Kapazität, die Unterstützung für die Ukraine aufrecht zu erhalten, bedroht sein könnte”, fügte die Ministerin hinzu. Nach wochenlangem Drängen der Bundesregierung hatte Kanada trotz der gegen Moskau verhängten Sanktionen vor einer Woche die Ausfuhr der reparierten Turbine für die aus Russland kommende Gaspipeline Nord Stream 1 genehmigt. Dies war vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als “inakzeptabel” kritisiert worden.
haz/ack (dpa, rtr)