Das Wichtigste in Kürze:
- Selenskyj zufrieden mit ukrainischer Luftabwehr
- Deutsche Botschafterin: “Haben Warnsignale ignoriert”
- Moskauer Justiz fordert lange Haft für Kremlkritiker
- IOC-Sanktionen gegen Russland bleiben in Kraft
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat militärische Erfolge gegen die jüngste russische Angriffswelle mit Genugtuung aufgenommen. “Jede abgeschossene russische Rakete ist ein konkreter Beweis dafür, dass der Terror besiegt werden kann”, erklärte Selenskyj. “Nur die Zerschlagung russischer terroristischer Fähigkeiten, nur die Befreiung unseres gesamten Landes und nur die Verurteilung der Mörder kann Frieden bringen”, betonte der Staatschef in einer neuen Videobotschaft.

Meldet sich täglich zu Wort: Präsident Wolodymyr Selenskyj
Die Luftabwehr der Ukraine hatte am Montag nach eigenen Angaben rund 60 Marschflugkörper abgeschossen. Einige Raketen erreichten hingegen ihre Ziele. Dabei wurden nach Berichten der Staatsagentur Unian erneut Einrichtungen der Energieversorgung getroffen. Laut Selenskyj gab es außerdem vier Todesopfer.
Energieversorger kündigt Notabschaltungen an
Nach der erneuten russischen Angriffswelle hat der ukrainische Energieversorger Ukrenergo vor landesweiten Stromsperren gewarnt. Aufgrund der Folgen des Beschusses und um das “Gleichgewicht zwischen Stromerzeugung und -verbrauch aufrechtzuerhalten”, würden in allen Regionen der Ukraine Notabschaltungen eingeführt, teilte Ukrenergo im Onlinedienst Telegram mit. Vorrangig würden wichtige Infrastruktur-Einrichtungen mit Strom versorgt.

Viele Ukrainer haben mit Stromausfällen zu kämpfen
“Die Situation ist schwierig, aber unter Kontrolle”, hieß es weiter. Einige Kraftwerke könnten vorübergehend nicht mit voller Kraft laufen. Die notwendigen Reparaturen liefen.
Deutsche Botschafterin: “Haben Warnsignale ignoriert”
Die Botschafterin der Bundesrepublik in den USA, Emily Haber, hat Fehler Deutschlands im Umgang mit Russland in den vergangenen Jahren eingeräumt. Die Verbesserung der Beziehungen zu Moskau über mehrere Jahrzehnte habe auf deutscher Seite die Annahme bestärkt, dass gegenseitige Abhängigkeit zu Stabilität, Transparenz und schließlich zu systemischen Veränderungen führe, schrieb Haber in einem Gastbeitrag für die Zeitung “Washington Post”. Das habe sich als falsch erwiesen. “Wir haben gegenteilige Warnsignale ignoriert und es versäumt, die Kritik unserer Verbündeten und Partner so ernst zu nehmen, wie wir es hätten tun sollen.”

Vertritt Deutschland in Washington: Botschafterin Emily Haber
Deutschland habe an mehreren Stellen rigoros einen neuen Kurs eingeschlagen, etwa mit Blick auf eine wachsende Unabhängigkeit von russischer Energie, Waffenexporte an die Ukraine oder eine große Steigerung der Verteidigungsausgaben, führte Haber weiter aus. Es sei wichtig festzuhalten, “wie weit Deutschland in so kurzer Zeit gekommen ist”. Dieser Wandel sei “real und dauerhaft”. Und dieser Wandel stärke die ohnehin schon engen Beziehungen zu Deutschlands Verbündeten, allen voran zu den Vereinigten Staaten.
Putin verlängert Beschränkungen für Geschäftsleute
Westliche Unternehmer brauchen in Russland weiter eine Spezialgenehmigung der Regierung, um ihre Anteile an Großbetrieben verkaufen zu können. Ein im August von Kremlchef Wladimir Putin verabschiedetes Dekret wurde um ein Jahr verlängert – es läuft nun erst am 31. Dezember 2023 aus.

Dieses Automobilwerk in Moskau gehörte einst Renault
Die Regelung betrifft Unternehmer aus “unfreundlichen Ländern”, also Staaten, die Sanktionen gegen Russland verhängt haben. Mit ihr will der Kreml einen Massenexodus westlicher Unternehmen verhindern. Die Regierung in Moskau segnete allerdings schon Geschäfte ab, bei denen ausländische Unternehmen ihre Fabriken an staatliche russische Akteure deutlich unter Marktpreis abgaben. Beispielsweise haben die Autobauer Renault und Nissan ihre Produktionsstätten in Russland für den symbolischen Preis von einem Rubel verkauft.
Moskauer Justiz fordert lange Haft für Kremlkritiker
Die russische Staatsanwaltschaft hat neun Jahre Haft für den inhaftierten Kremlkritiker Ilja Jaschin verlangt. Das gaben seine Unterstützer in Online-Netzwerken bekannt. Dem Abgeordneten im Moskauer Stadtrat wird vorgeworfen, “falsche Informationen” über die russische Armee verbreitet und “zum Hass” angestiftet zu haben. Das zuständige Gericht in Moskau wird am Mittwoch das Urteil verkünden, wie die amtliche Nachrichtenagentur Tass meldete.

Kremlkritiker Ilja Jaschin bei einer Anhörung in Moskau
Jaschin war im Juni in einem Moskauer Park festgenommen worden, nachdem er in einem Youtube-Video über den “Mord an Zivilisten” im ukrainischen Butscha gesprochen hatte. Er nannte die Geschehnisse in dem Kiewer Vorort ein “Massaker”. Auf Youtube folgen Jaschin 1,3 Millionen Menschen. Der 39-Jährige ist einer der letzten noch in Russland verbliebenen lautstarken Gegner der Regierung. Auch seine Festnahme hinderte ihn nicht daran, die Behörden scharf zu kritisieren und die Militärintervention in der Ukraine anzuprangern.
IOC-Sanktionen gegen Russland bleiben in Kraft
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hält ungeachtet der anlaufenden Qualifikationswettkämpfe für die Sommerspiele 2024 in Paris an seinen Sanktionen gegen Russland und Belarus fest. Jetzt sei nicht die Zeit für eine Aufhebung der Maßnahmen, sagte IOC-Sprecher Mark Adams. “Die Sanktionen sind nach wie vor in Kraft.” Das IOC hatte im Februar mit Verweis auf den Ukraine-Krieg Sportverbände angewiesen, Athleten aus Russland und Weißrussland von Wettkämpfen auszuschließen. Ob und wann der Ausschluss aufgehoben werden könnte, ließ Adams offen. Das sei “Spekulation”. “Wir müssen abwarten, wie sich die Dinge entwickeln.”

Der Traum russischer Athleten von einer Olympia-Teilnahme 2024 könnte zerbröckeln
Einige Sportverbände haben sich bereits klarer geäußert, unter welchen Bedingungen die beiden Länder wieder aufgenommen werden könnten: “Das ist ziemlich einfach. Raus aus der Ukraine”, hatte jüngst etwa der Präsident des Welt-Leichtathletik-Verbandes, Sebastian Coe, gesagt. In den meisten Sportarten werden die Qualifikationswettkämpfe für Paris in den kommenden 18 Monaten ausgetragen. Die Sommerspiele selbst sollen vom 26. Juli bis zum 11. August 2024 stattfinden.
wa/mak (dpa, afp, rtr)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.