Das Wichtigste in Kürze:
- Kontrollzentrum für Getreide-Exporte aus Ukraine eröffnet in Istanbul
- Durch Nord Stream 1 kommt noch weniger Gas nach Deutschland
- Ukrainischer Staatskonzern Naftogaz erklärt Zahlungsausfall
- Russland meldet Einnahme von Kohlekraftwerk bei Switlodarsk
- Güterverkehr nach Kaliningrad wieder aufgenommen
In der türkischen Millionenstadt Istanbul wird ein Zentrum zur Kontrolle von ukrainischen Getreideausfuhren über das Schwarze Meer eröffnet. Das Zentrum ist Teil eines am Freitag in Istanbul unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei geschlossenen Abkommens. Die Vereinbarung sieht den Schutz und die Überwachung der Getreide-Schiffe vor. Damit soll eine sichere Passage durch Minenfelder, besetzte Gewässer und schließlich durch den Bosporus ins Mittelmeer möglich werden.
In dem Kontrollzentrum sollen Vertreter der Ukraine, Russlands, der Türkei und der Vereinten Nationen tätig sein. Die durch Istanbul verlaufende Meerenge Bosporus ist der einzige Seeweg vom Schwarzen Meer zum Mittelmeer. Die Türkei hat die Hoheit über den Bosporus.
Getreide-Verhandlungen vergangene Woche in Istanbul
Nach einem russischen Raketen-Angriff auf den Schwarzmeerhafen Odessa, nur einen Tag nach Abschluss der Vereinbarung, war international die Sorge gewachsen, ob das Abkommen tragfähig ist. In Odessa ist der größte Teil der ukrainischen Getreideernte gelagert. Nach Aussage des Wirtschaftsberaters von Präsident Wolodymyr Selenskyj, Oleh Ustenko, könnte die Ukraine insgesamt 60 Millionen Tonnen Getreide innerhalb von acht bis neun Monaten ausführen, sollte die russische Blockade der Schwarzmeerhäfen tatsächlich aufgehoben werden. Die Ukraine und Russland sind die größten Getreide-Exporteure weltweit. Einige der ärmsten Länder der Welt sind dringend auf die Lieferungen angewiesen.
Weniger Gas durch Nord Stream 1 nach Deutschland
Der russische Konzern Gazprom beginnt mit der weiteren Drosselung der Gaslieferungen nach Deutschland. Ab 6 Uhr MESZ soll nur noch die Hälfte der ohnehin schon reduzierten Erdgasmenge durch die Pipeline Nord Stream 1 von Russland nach Deutschland geleitet werden, 33 Millionen Kubikmeter Gas täglich. Die Regierung in Moskau begründet die Reduzierung damit, dass die westlichen Sanktionen für Probleme bei der Reparatur und Wartung der Gas-Turbinen sorgen. Die Bundesregierung hält dies für vorgeschoben und sieht stattdessen politische Gründe für die Entscheidung.
Übergabepunkt von Nord Stream 1 in Lubmin/Mecklenburg-Vorpommern
Um eine Gas-Mangellage im Winter zu vermeiden, hatten die Energieminister der EU-Länder einen Notfallplan beschlossen. Er sieht vor, dass alle Mitgliedsländer bis kommenden März freiwillig 15 Prozent ihres Gasverbrauchs einsparen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vom Westen erneut gefordert, auf die bevorstehende weitere Drosselung der russischen Gaslieferungen mit Sanktionen gegen Moskau zu reagieren.
Ukrainischer Staatskonzern Naftogaz erklärt den Zahlungsausfall
Der Energiekonzern Naftogaz ist als erste staatliche Einrichtung der Ukraine nicht in der Lage, seine Schulden zu bedienen. In einer Erklärung heißt es, das Kabinett habe nicht die Genehmigung erteilt, die notwendigen Zahlungen für internationale Anleihen zu tätigen. Eine Zustimmung der Schuldner zu einem Vorschlag, die Zahlungen bei gewissen Anleihen für zwei Jahre auszusetzen, liege ebenfalls nicht vor.
Naftogaz ist als eines der größten Unternehmen des Landes in der Förderung, Verarbeitung und im Transport von Erdgas und Erdöl tätig. Mit dem Straßenbaukonzern Ukrawtodor und dem Stromnetzbetreiber Ukrenerho haben zudem noch zwei weitere Staatsunternehmen um Zahlungsaufschub jeweils um zwei Jahre gebeten.
“Der Staat konsolidiert jetzt alle vorhandenen Ressourcen auf den vorrangigen Bedarf”, schrieb Regierungschef Denys Schmyhal bei Telegram. Das seien die Finanzierung der Armee, die Vorbereitung der Heizsaison, Zahlung von Renten und den Wiederaufbau kritischer Infrastruktur.
Größtes Kohlekraftwerk der Ukraine unter russischer Kontrolle?
Im ostukrainischen Gebiet Donezk haben die russischen Truppen nach eigenen Angaben bei Switlodarsk das größte Kohlekraftwerk der Ukraine unter ihre Kontrolle gebracht. Von prorussischen Separatisten verbreitete Bilder sollten die Präsenz russischer Söldner der sogenannten Wagner-Gruppe vor dem Verwaltungsgebäude belegen. Anderen Berichten nach dauerten jedoch die seit Ende Mai währenden Kämpfe um das Kraftwerksgelände weiter an. Unabhängig sind die Angaben nicht zu überprüfen. Der ukrainische Generalstab erwähnte das Kraftwerk in seinem jüngsten Lagebericht nicht.
Das größte Kohlekraftwerk der Ukraine bei Switlodarsk (Archivbild))
Versorgung ukrainischer Soldaten in US-Militärkrankenhaus bei Ramstein
Die USA haben einem Insider zufolge grünes Licht für die medizinische Versorgung verletzter Soldaten aus der Ukraine in Deutschland gegeben. Das Pentagon habe bereits im Juni zugestimmt, ukrainische Truppen im Landstuhl Regional Medical Center (LRMC) zu behandeln, sagte ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums, der anonym bleiben wollte, laut Nachrichtenagentur Reuters. Bislang seien dort noch keine Soldaten aus der Ukraine versorgt worden. Auch würden US-Truppen keine Verwundeten aus dem Land herausholen. Das LRMC liegt neben dem Luftwaffenstützpunkt Ramstein südwestlich von Frankfurt und ist das größte US-Militärkrankenhaus außerhalb des amerikanischen Kontinents.
Güterverkehr nach Kaliningrad wieder aufgenommen
Nach der Beilegung des Streits um Einschränkungen des Güterverkehrs nach Kaliningrad durch Litauen ist wieder ein Zug in der russischen Exklave eingetroffen. Der örtliche Gouverneur Anton Alichanow sprach von einem “ziemlich großen Erfolg”.
Kaliningrad liegt an der Ostsee zwischen Litauen und Polen und hat keine direkte Landverbindung nach Russland. Das EU-Mitglied Litauen hatte seit Mitte Juni den Güterverkehr zwischen Russland und der Exklave beschränkt. Güter, die unter die EU-Sanktionen gegen Russland fallen, konnten nicht mehr mit der Bahn nach Kaliningrad gebracht werden.
Güterzüge warten in Kaliningrad auf die Transiterlaubnis durch Litauen
Moskau forderte die Aufhebung der Beschränkungen und warf der EU vor, gegen ein 2002 geschlossenes Abkommen über den Transit nach Kaliningrad zu verstoßen. Die EU-Kommission hatte daraufhin Mitte Juli klargestellt, dass es kein allgemeines Verbot für Gütertransporte per Zug gebe. Verboten bleibe jedoch der Transit sanktionierter Militärausrüstung.
qu/wa (dpa, rtr, afp)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.