Real Madrid nur mit Remis gegen Manchester City

Er war nicht mehr einzufangen. Vinicius José Paixão de Oliveira hatte gerade das gemacht, wofür sie ihn vor fünf Jahren aus Brasilien geholt hatten. Als 16 Jahre altes Top-Talent. Für rund 45 Millionen Euro von Flamengo Rio de Janeiro. Der mittlerweile 22-Jährige zog gegen Manchester City im Halbfinal-Hinspiel der Champions League aus 18 Metern beherzt ab und wuchtete den Ball unhaltbar zum 1:0 (36.) in die Maschen der “Citizens”. Ausreichen sollte der Treffer zwar nicht, die Mannschaft von Trainer Pep Guardiola konnte noch durch Kevin de Bruyne zum 1:1-Endstand (67.) ausgleichen. Aber: Vinicius Jr. hatte seinen enormen Wert für sein Team in diesem Spiel wieder einmal unter Beweis gestellt.

Dabei war der Werdegang des Offensivspezialisten nicht so, als ob sich die Verantwortlichen bei Real Madrid so sicher sein konnten, dass sich dieses ungeschliffene Juwel in die richtige Richtung entwickeln würde. Schon zu seinen Jugendzeiten in den brasilianischen U-Auswahlteams fiel der Offensivspieler auf dem Rasen durch seine Tore und außerhalb aber auch durch seine extrovertierte Art auf. Überaus modebewusst und extravagant war er schon damals. Auch hatte er schon früh seinen Spaß daran, auf Partys das Leben zu genießen. Aber beim notorisch unruhigen Weltklub hatten sie Geduld mit dem jungen Mann – was sich auszahlen sollte.  

Aus ärmlichen Verhältnissen

Seine Fähigkeiten waren schon seit jeher außergewöhnlich: Enorm trickreich und verspielt, mit gutem Auge und starkem Schuss, antrittsschnell und cool vor dem gegnerischen Tor. “Für mich ist er der beste Spieler der Welt”, hatte Real-Trainer Carlo Ancelotti nach dem 1:0 gegen den FC Liverpool im Rückspiel des Achtelfinales der Champions League über seinen Angreifer gesagt. 

Champions League Halbfinale Real Madrid Manchester City Bruyne

Manchesters Kevin de Bruyne erzielt das 1:1 aus der Distanz

 

Dass Vinicius Jr. überhaupt auf der großen Bühne der Fußballwelt agiert, war keine Selbstverständlichkeit. Aufgewachsen ist er in São Gonçalo, einer Großstadt im brasilianischen Bundesstaat Rio de Janeiro, in ärmlichen Verhältnissen. Dort kickte er mit seinen Freunden täglich auf der Straße, bis er im Alter von zehn Jahren von Flamengo entdeckt wurde. Seitdem ist sein Werdegang geradezu atemberaubend, sein Marktwert wird mittlerweile auf deutlich mehr als 100 Millionen Euro beziffert. 

Rassistische Beleidigungen

Aber: Vinicius Jr. ist seit längerer Zeit auch immer wieder Opfer von rassistischen Anfeindungen in Spaniens Stadien. Die spanische La Liga ermittelt mittlerweile. Zuvor hatte der Spieler dem spanischen Ligaverband vorgeworfen, “nichts” gegen Rassismusin spanischen Stadien zu unternehmen. Aber Vinicius Jr. will sich von den Beleidigungen nicht unterkriegen lassen. Er werde nicht aufhören, den Rassismus zu bekämpfen, von dem er schon häufig betroffen gewesen sei. “Ich möchte, dass die nächsten Generationen so wie ich darauf vorbereitet sind, gegen Rassisten und Fremdenhasser zu kämpfen”, sagte der Real-Angreifer.

Sein Hauptaugenmerk liegt aber auf dem Rasen. Und dort will Vinicius Jr. sein Team am Mittwoch in einer Woche im Stadion von Manchester City ins Finale der europäischen Königsklasse schießen. Dass er das kann, hat er nicht zuletzt im Hinspiel bewiesen.