Ukraine aktuell: USA und Deutschland “im Gleichschritt”

Das Wichtigste in Kürze:

  • Biden und Scholz üben Schulterschluss in Washington
  • NATO-Oberbefehlshaber: Kriegsausmaß ist “unglaublich”
  • EU-Parlamentspräsidentin erneut zu Besuch in Kiew
  • Russischer Tennisstar Rubljow kritisiert Ukraine-Krieg

 

SUS-Präsident Joe Biden und Bundeskanzler Olaf Scholz haben bei einem Treffen in Washington  demonstrativ Geschlossenheit bei der Unterstützung der Ukraine gezeigt und Kiew weitere Hilfen versprochen. “Wir arbeiten im Gleichschritt zusammen, um der Ukraine höchst wichtige Sicherheitsunterstützung zu liefern”, sagte Biden im Weißen Haus an der Seite von Scholz. Der Kanzler sprach von einer “sehr guten Kooperation” mit den Vereinigten Staaten. Es sei wichtig gewesen, dass die USA und Deutschland nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 “gemeinsam gehandelt” hätten. “Jetzt ist es sehr wichtig, dass wir die Botschaft aussenden, dass wir das weiterhin tun werden, solange es dauert und solange es nötig ist”, fügte Scholz, der sich auf Englisch äußerte, hinzu.

In den vergangenen Monaten war immer wieder der Eindruck von Meinungsverschiedenheiten zwischen Deutschland und den USA bei der Unterstützung der Ukraine entstanden. Biden war nun aber voll des Lobes für den Kanzler: “Ich will dir danken, Olaf, für deine starke und beständige Führung”, sagte der US-Präsident im Oval Office. “Ich meine das ehrlich. Es hat einen riesigen Unterschied gemacht.” Deutschland leiste nicht nur sehr wichtige “militärische Unterstützung”, sondern auch “moralische Unterstützung”, die sehr “tiefgehend” sei. Scholz habe außerdem in Deutschland “historische Änderungen” vorangetrieben, bei der Steigerung der Verteidigungsausgaben und bei einer Abkehr von der Abhängigkeit von russischer Energie. Das sei “nicht einfach”.

Weißes Haus Treffen Scholz und Biden

Olaf Scholz und Joe Biden im Oval Office

Die USA kündigten derweil neue Militärhilfen für die Ukraine im Umfang von 400 Millionen Dollar an. Wie Außenminister Antony Blinken bekanntgab, umfasst das neue Paket unter anderem Munition für Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars, Artilleriemunition und Munition für Schützenpanzer vom Typ Bradley.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte in Moskau, westliche Waffenlieferungen an die Ukraine hätten “keinen entscheidenden Einfluss auf den Ausgang der Offensive”. Doch sei “klar, dass sie diesen Konflikt verlängern werden, mit traurigen Konsequenzen für das ukrainische Volk”.

Ausmaß des Ukraine-Krieges “unglaublich”

Der Oberbefehlshaber der NATO in Europa, Christopher Cavoli, hat eine Zwischenbilanz des Ukraine-Kriegs gezogen. Das Ausmaß dieses Krieges sei “unglaublich”, sagte der US-General als Ehrengast auf dem traditionellen Matthiae-Mahl im Hamburger Rathaus. Russland habe bislang mehr als 2000 große Kampfpanzer verloren. Mehr als 200.000 russische Soldaten und über 1800 Offiziere seien gefallen oder verwundet worden. Pro Tag verschieße die russische Armee im Schnitt über 23.000 Artilleriegeschosse.

Wenn es für die NATO hart auf hart komme, müsse “harte Kraft” ein Argument sein, sagte Cavoli. “Wenn der andere mit einem Panzer kommt, sollte man auch einen Panzer haben.” Eine Lehre aus dem Kalten Krieg sei jedoch, dass es auf die Präzision der Waffen ankomme. Außerdem sei die Produktionskapazität der Rüstungsindustrie wichtig. Einen Krieg gewinne der, der am schnellsten produzieren könne.

Deutschland Traditionelles Matthiae-Mahl

General Christopher Cavoli spricht im Hamburger Rathaus

OSZE möchte Friedensgespräche unterstützen 

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) steht nach den Worten ihrer Generalsekretärin Helga Maria Schmid zur Unterstützung von Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine bereit. Schmid zitierte in Hamburg Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der mit Blick auf einen chinesischen Friedensplan Gespräche nicht nur mit Moskau, sondern vor allem mit Kiew unter dem Dach der Vereinten Nationen gefordert hatte. “Dem kann ich nur zustimmen und hinzufügen, dass die OSZE zu diesem Zeitpunkt dann auch ihren Beitrag leisten wird.”

Noch kurz vor dem russischen Angriff auf die Ukraine habe die OSZE einen Sicherheitsdialog angeboten, berichtete Schmid. 56 der 57 Mitglieder seien dazu bereit gewesen. “Aber Russland hat sich gegen den Dialog und für den Krieg entschieden.” Die Beobachtermission mit 1300 Mitarbeitern in der Ostukraine habe beendet werden müssen. Schmid betonte: “Der Angriffskrieg gegen die Ukraine ist kein Versagen meiner Organisation oder des Multilateralismus. Es war die bewusste Entscheidung der Führung eines Landes gegen alle Verpflichtungen und gegen alle Normen.”

Konferenz in Lwiw berät über Russland-Tribunal

Die russische Staats- und Militärführung wird sich nach den Worten des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj eines Tages für den Angriffskrieg gegen die Ukraine verantworten müssen. Zentrales Thema einer internationalen Konferenz am Freitag in Lwiw sei “die Verantwortung Russlands und seiner Führung – die persönliche Verantwortung – für Aggression und Terror gegen unser Land und unser Volk” gewesen, berichtete Selenskyj in einer Videoansprache. “Und wenn sie zur Rechenschaft gezogen werden, wird die Gerechtigkeit wiederhergestellt werden.”

Ukraine Präsident Wolodymyr Selenskyj

Wolodymyr Selenskyj bei der Konferenz im westukrainischen Lwiw

“Wir sammeln ein Maximum an Unterstützung für das Tribunal über die russische Aggression gegen die Ukraine”, sagte Selenskyj. “Wir tun alles, um sicherzustellen, dass der Internationale Strafgerichtshof bei der Bestrafung russischer Kriegsverbrecher erfolgreich ist, und dass unsere nationalen Strafverfolgungs- und Justizbehörden für gerechte Urteile gegen alle russischen Mörder und Folterer sorgen.” Die Ukraine bemüht sich bereits seit Monaten, mit ihren Unterstützern einen internationalen Gerichtshof nach dem Vorbild des Nürnberger Tribunals für Nazi-Kriegsverbrecher zu bilden.

Nach offiziellen ukrainischen Angaben, die erst nach dem Treffen veröffentlicht wurden, nahmen unter anderem US-Justizminister Merrick Garland und der niederländische Vizeregierungschef Wopke Hoekstra an der Konferenz teil. Auch EU-Justizkommissar Didier Reynders gehörte demnach zu den Teilnehmern. Vermutlich aus Sicherheitsgründen war die Tagung zunächst geheim gehalten worden.

EU-Parlamentspräsidentin Metsola wieder in Kiew

Die Präsidentin des Europaparlaments, Roberta Metsola, ist zu einem Besuch in die ukrainische Hauptstadt Kiew gereist. “Es ist schön, wieder in der Ukraine zu sein”, twitterte sie sowohl auf Englisch als auch auf Ukrainisch. “Mit diesen tapferen Menschen, die die Welt inspirierten; mit den Helden, die nicht kapitulieren; mit denen, die alles für unsere Werte geopfert haben.” Ausdrücklich betonte Metsola: “Die Zukunft der Ukraine liegt in der Mitgliedschaft in der Europäischen Union.” Die Spitzenpolitikerin aus Malta hatte die Ukraine bereits im April vergangenen Jahres besucht.

Spendenfonds kauft Panzerfahrzeuge für Ukraine

In der Ukraine will der Fonds des bekannten Komikers und Fernsehmoderators Serhij Prytula über 100 gebrauchte Panzerfahrzeuge zur Unterstützung der Armee im Kampf gegen Russland erworben haben. “Der erste Teil – 24 Fahrzeuge – ist bereits in der Ukraine”, teilte Prytula mit. Dazu zeigte sich der 41-Jährige in einem Video mit den gepanzerten, aber unbewaffneten Kettenfahrzeugen acht verschiedener Typen im Hintergrund. Diese seien in Großbritannien erworben und aufbereitet worden, hieß es.

Der Fonds hatte eigenen Angaben zufolge nach einem Spendenaufruf im November innerhalb von anderthalb Tagen umgerechnet 5,8 Millionen Euro eingenommen. Zuvor war unter anderem bereits Geld für drei Kampfdrohnen des Typs Bayraktar (deutsch: Fahnenträger) gesammelt worden. Der Name der Aktion: “Volks-Bayraktar”. Als die türkische Herstellerfirma die Drohnen kostenfrei bereitstellte, wurde das Geld für die Anmietung eines finnischen Aufklärungssatelliten verwendet. Nach Angaben des Fonds wurden damit bereits mehr als 2600 feindliche Ziele aufgespürt.

SOS-Kinderdorf geht gegen Ableger in Russland vor

Die Organisation “SOS-Kinderdorf” hat alle internationalen Geldflüsse an seinen russischen Ableger vorerst gestoppt. Es gebe zwar keine Hinweise darauf, dass SOS-Kinderdorf Russland selbst in die Zwangsumsiedlung von Kindern aus der Ukraine involviert sei, teilte die Organisation in Innsbruck mit. “Gleichzeitig müssen wir nach wie vor davon ausgehen, dass 13 Kinder, die in einem russischen SOS-Kinderdorf betreut werden, Opfer von Zwangsumsiedlungen geworden sind.” Es sei ein Prozess zur Suspendierung des russischen Vereins aus der internationalen Föderation von SOS-Kinderdorf eingeleitet worden. Im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gibt es immer wieder Berichte über die systematische Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland, die Moskau als Falschmeldungen zurückweist.

SOS Children's Village Pushkin

Eingang zu SOS-Kinderdorf in St. Petersburg (Archiv)

Russischer Topsportler kritisiert Ukraine-Krieg

Der russische Tennisstar Andrej Rubljow hat den russischen Angriffskrieg in der Ukraine verurteilt. “Es ist verrückt, dass so viele ganz normale Bürger leiden und sterben. Man kann nicht so tun, als ob nichts passiert, denn es ist schrecklich”, sagte er nach seinem Halbfinalsieg gegen Olympiasieger Alexander Zverev beim ATP-Turnier in Dubai. Rubljow hatte im Vorjahr beim gleichen Event kurz nach Beginn der russischen Invasion “Bitte keinen Krieg” auf eine Kameralinse geschrieben.

Nun bezog er erneut Stellung. “Es ist schwer, darüber zu sprechen”, so der 25-Jährige, “denn selbst wenn du versuchst, einfach nur Tennis zu spielen, weiter zu trainieren, weißt du, dass es dich betrifft.” Diesmal schrieb Rubljow “Wiktor Zoi lebt” auf eine Linse. Der 1990 verstorbene Zoi war ein russischer Rockstar, der unter anderem Anti-Kriegs-Lieder sang.

ATP-Tour - Dubai - Andrej Rubljow in Aktion

Andrej Rubljow in Aktion in Dubai

Wimbledon-Veranstalter wollen Russen-Sperre aufheben

Das traditionsreichste Tennisturnier der Welt in Wimbledon könnte in diesem Jahr womöglich wieder mit Spielerinnen und Spielern aus Russland und Belarus stattfinden. “Alle Erwartungen deuten darauf hin, dass der AELTC (All England Lawn Tennis Club) das Verbot für Russen und Weißrussen aufheben wird”, schrieb etwa der Daily Telegraph. Der AELTC hatte 2022 russische und belarussische Spieler von dem Rasenplatz-Event ausgeschlossen. Wimbledon ist das einzige der vier Grand-Slam-Turniere, das einen derartigen Schritt gegangen ist. Bei den Australian Open, den French Open und den US Open waren russische und belarussische Spieler zuletzt zugelassen. 

wa/bru (dpa, afp, rtr, sid)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.