Ukraine aktuell: Selenskyj rechnet mit Rache

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Selenskyj: Russland will sich für Rückschläge rächen
  • Ukraine macht Druck auf IOC-Sponsoren
  • Polen dringt auf rasche Kampfjet-Entscheidung
  • Faeser kündigt neuen Flüchtlingsgipfel an

 

Angesichts des näher rückenden Jahrestags des russischen Einmarschs in die Ukraine am 24. Februar hat deren Präsident Wolodymyr Selenskyj vor einer “symbolhaften Aktion” der Besatzer gewarnt. Dazu gebe es bereits zahlreiche Berichte und Hinweise, erklärte Selenskyj. Russland wolle sich für die Niederlagen des vergangenen Jahres rächen. “Wir stellen fest, dass der Druck auf verschiedene Frontbereiche und auch im Informationsbereich zugenommen hat.”

Besonders schwierig sei aktuell die Lage in der Region Donezk, berichtete Selenskyj. “Aber egal, wie schwer es ist und wie groß der Druck ist, wir müssen überleben”, betonte der Staatschef. “Wir haben keine Alternative, als uns zu verteidigen und zu gewinnen.” Die Ukraine müsse jeden Tag und jede Woche nutzen, um die Verteidigungspositionen an der Front sowie die internationale Position des Landes zu stärken.

Ukraine Krieg | Ukrainischer Soldat bei Soledar

Ukrainischer Soldat in der Region Donezk (Archiv)

Ukrainische Einheiten waren zuletzt vor allem rund um die Stadt Bachmut im Osten des Landes schwer unter Druck geraten. Dort versuchen russische Truppen sowie Angehörige der berüchtigten Söldnertruppe Wagner seit Wochen, die ukrainischen Verteidigungslinien zu durchbrechen. Bachmut wird nach Einschätzung britischer Militärexperten immer mehr von russischen Truppen eingekreist.

Ukraine macht Druck auf IOC-Sponsoren

Sportler aus Russland haben nach Ansicht des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei Olympischen Spielen und internationalen Wettkämpfen “nichts zu suchen”. “Wir setzen unseren diplomatischen Marathon fort, um den Kreml daran zu hindern, den Weltsport und die olympische Bewegung für seine Propaganda zu nutzen”, sagte Selenskyj in seiner Videoansprache vom Sonntagabend. “Vertreter eines terroristischen Staats” sollten weder zu Olympischen Spielen noch anderen internationalen Wettbewerben zugelassen werden.

Die Ukraine habe bereits entsprechende Schreiben an die Unternehmen geschickt, die das Internationale Olympische Komitee (IOC) am stärksten unterstützen, führte Selenskyj aus. “Dabei handelt es sich um große internationale Unternehmen, die durchaus daran interessiert sind, ihren Ruf und ihre Unterstützung nicht im Zusammenhang mit Kriegspropaganda zu sehen.”

Olympische Flagge und Flagge Russlands

Schon jetzt nahezu sicher: Russlands Flagge wird bei den Olympischen Spielen nächstes Jahr nicht zu sehen sein

Das IOC um seinen deutschen Präsidenten Thomas Bach hatte zuletzt angekündigt, Athletinnen und Athleten aus Russland und Belarus trotz des Krieges in der Ukraine eine Rückkehr auf die internationale Sportbühne ebnen zu wollen. Damit könnte diesen Sportlern auch der Weg zu Olympia 2024 in Paris offen stehen, wenn auch nur unter neutraler Flagge.

Russen nehmen Cherson und Charkiw ins Visier

Das ukrainische Militär hat von schweren russischen Angriffen auf das südukrainische Cherson berichtet. Die Stadt sei mindestens 40 Mal aus Raketenwerfern beschossen worden, teilte der Generalstab am Sonntagabend mit. Dabei habe es Tote und Verletzte gegeben. Auch seien zahlreiche Wohngebäude in Cherson beschädigt worden. Ziel russischer Attacken war auch wieder das ostukrainische Charkiw, wie es hieß.

Polen dringt auf rasche Kampfjet-Entscheidung

Mit Blick auf mögliche Kampfjet-Lieferungen an die Ukraine hat Polens Botschafter in Berlin eine Entscheidung auf der bevorstehenden Münchner Sicherheitskonferenz gefordert. “Wir haben vorgeschlagen, dass die Staats- und Regierungschefs, die sich dort treffen, nicht nur über diese Frage beraten, sondern auch eine Entscheidung treffen”, sagte Dariusz Pawlos dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Eine Politik des Zögerns und Zauderns wäre wie im Falle der Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine kontraproduktiv, meinte der polnische Diplomat.

Dariusz Pawlos bei seinem Antrittsbesuch im Schloss Bellevue

Botschafter Dariusz Pawlos bei seinem Antrittsbesuch im Berliner Schloss Bellevue (November 2022)

Nach der deutschen Zusage zur Lieferung von “Leopard 2”-Panzern in die Ukraine hatte deren Präsident Wolodymyr Selenskyj auch Kampfflugzeuge, “weitreichende Raketen” und mehr Artillerie für den Abwehrkampf gegen Russland gefordert. Polen hatte bereits in der Diskussion um den Kampfpanzer-Export erheblichen Druck auf Deutschland ausgeübt.

Die Münchner Sicherheitskonferenz gilt als das wichtigste sicherheitspolitische Expertentreffen weltweit. Sie findet dieses Jahr vom 17. bis 19. Februar statt.

Unmut über Baerbock-Zitat in der SPD

Eine umstrittene Äußerung von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock zum Ukraine-Krieg sorgt innerhalb der Regierungskoalition weiter für Unmut. “Dass die Außenministerin einen solchen Satz geprägt hat, nutzt eigentlich nur der Propaganda in Moskau”, sagte Rolf Mützenich, der Bundestags-Fraktionschef der Sozialdemokraten von Kanzler Olaf Scholz, im Ersten Deutschen Fernsehen. Die Grünen-Politikerin Baerbock hatte Ende Januar mit folgenden Worten zum Zusammenhalt der westlichen Verbündeten aufgerufen: “Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander.” Ihre beim Europarat in Straßburg getätigte Äußerung hatte für großes Aufsehen gesorgt. Das Auswärtige Amt stellte daraufhin klar, dass Baerbock damit keine Kriegsbeteiligung Deutschlands oder seiner Verbündeten gemeint habe. 

Parlamentarischen Versammlung des Europarats - Straßburg

Annalena Baerbock vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (im Januar)

Mützenich äußerte sich grundsätzlich positiv zum Vorschlag Brasiliens für eine Vermittlung im Ukraine-Krieg: “Ich finde, man muss jede Initiative aufnehmen, die diesen Krieg möglicherweise früher beendet, weil er auf dem Schlachtfeld nach meinem Dafürhalten nur noch weiter blutiger wird.” Je länger der Krieg dauere, umso schwieriger wären später möglicherweise auch Verhandlungen, betonte der SPD-Fraktionsvorsitzende.

Faeser kündigt neuen Flüchtlingsgipfel an

Angesichts der Probleme bei der Unterbringung von Flüchtlingen in Deutschland hat Innenministerin Nancy Faeser ein Spitzentreffen in ihrem Ministerium angekündigt. Sie sehe, “dass nach wie vor Handlungsbedarf besteht, und deswegen werde ich jetzt wieder alle Beteiligten zu einem erneuten Flüchtlingsgipfel zu mir ins Haus einladen”, sagte die SPD-Politikerin. Sie werde die Einladungen noch in dieser Woche rausschicken, weil sie glaube, “wir müssen in einer gemeinsamen Kraftanstrengung alles dafür tun, die Kommunen zu entlasten”.

Im Zweiten Deutschen Fernsehen betonte Faeser aber auch: “Wir haben schon einiges getan.” So habe der Bund “weit über 300” Bundesliegenschaften zur Verfügung gestellt und helfe finanziell sehr stark. “Wir haben für das letzte Jahr allein 3,25 Milliarden für die Kommunen gegeben. Wir haben jetzt für das neue Jahr schon 2,7 Milliarden zur Verfügung gestellt. Aber wir drängen auch darauf, dass die Länder diese Gelder eins zu eins weitergeben, das ist nicht in jedem Bundesland der Fall.”

wa/rb (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.