Ukraine aktuell: Moskau beklagt Drohnen-“Provokation” der USA

Das Wichtigste in Kürze:

  • Moskau beklagt Drohnen-“Provokation” der USA
  • Putin glaubt nicht an Nord Stream-Sabotage durch Ukraine
  • Selenskyj: Führungsstab einstimmig für Verteidigung Bachmuts
  • Brookings-Expertin: “Putin hat durch den Krieg seine Macht konsolidiert”

 

Russland wertet die Ereignisse im internationalen Luftraum über dem Schwarzen Meer am Dienstagnachmittag als “Provokation”. Das sagte der russische Botschafter in Washington, Anatoli Antonow, nachdem er ins US-Außenministerium einbestellt worden war. Zugleich sagte Antonow, das Gespräch sei “konstruktiv” gewesen und man habe nicht über mögliche “Konsequenzen” für Moskau gesprochen. “Für unseren Teil wollen wir keine Konfrontation zwischen den Vereinigten Staaten und Russland. Wir sind dafür, pragmatische Beziehungen zum Wohle der russischen und amerikanischen Bevölkerung aufzubauen”, wurde Antonow in der staatlichen Agentur RIA zitiert.

Das Pentagon beschuldigt Russland, eine Aufklärungsdrohne des US-Militärs vom Typ MQ-9 “Reaper” zum Absturz gebracht zu haben. Zwei Kampfjets hätten sich der Drohne genähert, zunächst Treibstoff auf sie abgelassen und schließlich sogar den Propeller berührt, sodass dieser beschädigt worden sei. Aus Sicht des Pentagons könnte auch das russische Flugzeug beschädigt worden sein, habe aber sicher landen können.

Suchoi Su-27 | russisches Jagdflugzeug

Zwei russische Jagdflieger vom Typ Suchoi Su-27 waren in den Zwischenfall verwickelt

Russland hingegen verbreitete eine Darstellung, wonach die Drohne ein “scharfes Manöver” geflogen und ohne Fremdeinwirkung abgestürzt sei. Demnach seien die Jets zwar aufgestiegen, um die Drohne abzufangen, hätten aber weder Waffen benutzt noch seien sie mit ihr “in Kontakt gekommen”.

Laut einem Sprecher erwägt das Pentagon, ein Video des Vorfalls öffentlich zu machen. Die USA bemühen sich derzeit darum, Trümmerteile der Drohne zu bergen.

Putin glaubt nicht an Nord Stream-Sabotage durch Ukraine

Russlands Präsident Wladimir Putin hat seine Anschuldigung widerholt, wonach die USA für die Sabotage derNord Stream-Pipelines im September verantwortlich sein sollen. Berichte über Geheimdiensterkenntnisse, wonach Ukrainer dahinterstecken könnten, seien “reiner Unsinn”, sagte Putin bei einem Auftritt im russischen Fernsehen.

“Eine solche Explosion, so gewaltig und in solcher Tiefe, kann nur von Experten herbeigeführt werden, die die vollständige Rückendeckung eines Staates haben, der die notwendigen Technologien besitzt.” Die USA, so der russische Präsident, hätten ein Motiv für die Aktion: Sie hätten ein Interesse daran, Deutschlands Nachschub mit billigem russischen Gas zu stoppen um teureres LNG zu verkaufen.

Nord-Stream-Explosionen

Tauchroboter untersuchen die beschädigte Pipeline Nord Stream 1 (17.10.2023)

Deutschland sprach Putin ab, ein eigenständiger Staat zu sein. Berlins Reaktion auf die Explosion der Pipelines zeige, dass Deutschland weiterhin von US-Truppen besetzt sei. Putin warf den europäischen Staaten vor, im Bündnis mit den USA ihr “Gen der Unabhängigkeit, Souveränität und des nationalen Interesses” verloren zu haben. “Je stärker sie ihnen auf die Nase oder den Kopf hauen, desto niedriger verneigen sie sich und breiter lächeln sie.”

Der russische Präsident bedauerte, dass sein Land nicht an den Ermittlungen zur Explosion beteiligt werde. Er forderte Dänemark erneut auf, ein gemeinsames Team zu bilden um den Tatort gründlich abzusuchen. Russland wird von den Geheimdiensten der USA und Großbritanniens verdächtigt, selbst hinter dem Sabotageakt zu stecken.

Selenskyj: Führungsstab einstimmig für Verteidigung Bachmuts

Der ukrainische Führungsstab hat nach den Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj einstimmig dafür votiert, die von Russland belagerte Stadt Bachmut im Osten des Landes weiter zu verteidigen. Der gesamte Stab habe sich dafür ausgesprochen, den Russen die größtmöglichen Verluste zuzufügen, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. “Der Schwerpunkt lag auf Bachmut.”

Ukraine | Videoansprache von Wolodymyr Selenskyj

Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj: “Wir werden diesen Krieg gewinnen.”

Zugleich beschwor Selenskyj die Stärke seines Volkes im Abwehrkampf. “Die Stärke der Ukrainer und des Staates als Ganzes beruht darauf, dass die Ukrainer in einer entscheidenden Zeit zu Kriegern werden.” Dabei würden Millionen Menschen helfen, sagte der Präsident. “Sie suchen nach allem, was wir zur Verteidigung brauchen, behandeln und rehabilitieren Verwundete, retten Menschen nach russischen Angriffen und arbeiten für die Ukraine und die Ukrainer. Die Stärke unserer Verteidungs- und Sicherheitskräfte liegt in der Stärke unseres Volkes.”

Selenskyj gab sich zuversichtlich: “Wir werden diesen Krieg gewinnen.”

Brookings-Expertin: “Putin hat durch den Krieg seine Macht konsolidiert”

Aus Sicht der Russland-Expertin Angela Stent hat Präsident Putin das erste Jahr des Krieges in der Ukraine erfolgreich genutzt, um seine Macht zu konsolidieren. Obwohl eine Million Menschen Russland verlassen hätten, stehe die Mehrheit der Dortgebliebenen dem Krieg entweder unterstützend oder gleichgültig gegenüber, sagte die Senior Fellow der Brookings Institution im DW-Interview. “Bislang hat er geschafft, sie offensichtlich davon zu überzeugen, dass der Westen versuche, Russland zu spalten und dass dies ein Kampf um ihre Existenz sei”, sagte Stent.

Angela Stent, Russland-Expertin, USA, ehem. Prof. Georgetown University

Russland-Expertin Angela Stent in einem früheren DW-Interview am Rande der Münchener Sicherheitskonferenz

Putin setze auf den Faktor Zeit, sagte die Expertin des in Washington ansässigen Thinktanks: “Seine bisherige Erfahrung hat ihm gezeigt, dass der Westen nicht für immer zusammenhält, dass Demokratien abgelenkt werden. Sie haben Wahlen und wenden sich anderen Dingen zu.” Zugleich habe sich die russische Wirtschaft wesentlich widerstandsfähiger gegen westliche Sanktionen gezeigt, als die Menschen im Westen geglaubt hätten.

ehl/mak (dpa, afp, ap, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.