Debatte über Waffengesetz nach Amoktat von Hamburg

Nach dem Verbrechen mit acht Toten und mehreren Verletzten in den Räumen der Zeugen Jehovas kündigte Bundesinnenministerin Nancy Faeser an, den Entwurf zur Änderung des Waffengesetzes noch einmal prüfen zu wollen. Man müsse nun überlegen, “wie wir mit dieser neuerlich furchtbaren Amoktat in Hamburg nochmal an den Gesetzentwurf gehen, um zu schauen: Gibt es noch Lücken, oder wo war er genau richtig?”, sagte Faeser in der ARD. 

FDP unterstützt Jäger und Schützen

Auch wenn das Thema bislang nicht auf der Tagesordnung im Innenausschuss des Bundestages steht, dürfte es weiter für Diskussionen sorgen. Zuletzt hatte Faeser mit ihren Plänen für mehr Kontrollen und Vorschriften die Verbände der Jäger und Schützen gegen sich aufgebracht. Diese wiederum erhielten Unterstützung von der FDP.

Wolfgang Kubicki, Vizepräsident des Deutschen Bundestages

Wolfgang Kubicki, der stellvertretende Parteivorsitzende der FDP (Archivbild)

Der stellvertretende FDP-Parteivorsitzende Wolfgang Kubicki warnte vor übereilten politischen Schlüssen. “Wir haben eines der schärfsten Waffengesetze der Welt und trotzdem passieren solche Tragödien”, sagte er dem Fernsehsender Welt. Über psychologische Tests könne man reden, “aber die natürliche Reaktion, zunächst alles verbieten zu wollen, verbietet sich. Das ist eine menschlich nachvollziehbare Reaktion, aber sie hilft im Zweifel nicht weiter”, sagte der Bundestagsvizepräsident. 

Grüne wollen weniger Waffen

Der Innenexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, Marcel Emmerich, sagte NDR Info, dass auch ein Verbot von halbautomatischen Pistolen für Privatleute geprüft werden müsse. “Weniger Waffen in privaten Händen sorgen für mehr öffentliche Sicherheit”, sagte Emmerich.

Aufgrund der sich “gefühlt mehrenden Vorfälle” mahnte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei eine schnelle Gesetzesänderung an. Es dürfe keine Zeit durch Personalmangel und Datenschutzprozesse verloren werden, sagte Jochen Kopelke dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). 

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke

Jochen Kopelke, der Bundesvorsitzende der GdP, fordert eine Verschärfung der Waffengesetze (Archivbild)

Bei der Tat am Donnerstag in Hamburg starben sieben Menschen und der Täter selbst. Acht weitere Menschen wurden verletzt, vier von ihnen lebensbedrohlich. Der 35 Jahre alte Philipp F. hatte mehr als 100 Mal mit einer halbautomatischen Pistole geschossen. Seit dem 12. Dezember sei er im legalen Besitz dieser Waffe gewesen, hatte Polizeipräsident Ralf Martin Meyer bei einer Pressekonferenz gesagt. Als Extremist war der Schütze nach Angaben aus Sicherheitskreisen nicht bekannt.

Amokläufer war erst kürzlich aufgesucht worden

Philipp F. war Sportschütze, hatte eine Waffenbesitzkarte und war erst kürzlich von der Waffenbehörde aufgesucht worden. Die Behörde hatte im Januar einen anonymen Hinweis auf eine mögliche psychische Erkrankung von Philipp F. erhalten. Dieser wurde Anfang Februar von zwei Beamten der Waffenbehörde unangekündigt aufgesucht. Damals habe es keine relevanten Beanstandungen gegeben, die rechtlichen Möglichkeiten seien ausgeschöpft gewesen, sagte Meyer.

Amokläufer in Hamburg tötet sieben Menschen und sich selbst

Über das genaue Motiv von Philipp F. wird weiter gerätselt. Der anonyme Hinweisgeber habe die Waffenbehörde auf dessen “besondere Wut auf religiöse Anhänger, besonders gegenüber den Zeugen Jehovas” aufmerksam gemacht, wie Meyer mitteilte. Im Internet gab Philipp F. einiges über sich und seine Gedankenwelt preis. Die Webseite des Täters zeigt etwa, dass er sich intensiv mit Gott und Jesus Christus auseinandersetzte und krude Thesen verbreitete. 

nob/hf (dpa, kna, epd, rtr)