Bund gibt Ländern eine Milliarde Euro mehr für Flüchtlinge

Die Bundesregierung hat der Forderung der Bundesländer nach mehr finanzieller Unterstützung für die Versorgung von Flüchtlingen zum Teil nachgegeben. Für dieses Jahr wurde die Flüchtlingspauschale, die der Bund den Ländern zur Verfügung stellt, um eine Milliarde Euro erhöht, wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach rund sechsstündigen Verhandlungen mit den Regierungschefinnen und -chefs der Bundesländer am Abend in Berlin mitteilte.

Damit sollen die Länder dabei unterstützt werden, ihre Kommunen zusätzlich zu entlasten und die Digitalisierung der Ausländerbehörden zu finanzieren. Der Bund hatte zuvor für dieses Jahr bereits 2,75 Milliarden Euro zugesagt, 1,5 Milliarden Euro für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sowie 1,25 Milliarden Euro für andere Geflüchtete.

Grundsatzentscheidung soll im November fallen

Mit ihrer Forderung nach einer dauerhaften Lösung, die sich automatisch an die Zahl der Asylbewerber anpasst, konnten sich die Länder nicht durchsetzen. Die von Ländern und Kommunen geforderte Grundsatzentscheidung über dauerhaft höhere Bundesmittel für die Finanzierung der Unterbringung und Versorgung von Schutzsuchenden wurde vertagt. Darüber soll in Arbeitsgruppen weiter gesprochen werden. Eine Entscheidung dazu soll bei einer Zusammenkunft im November getroffen werden, wie aus dem Beschlusspapier der Bund-Länder-Runde hervorgeht.

Container als Gemeinschaftsunterkünfte für Geflüchtete auf dem Tempelhofer Feld in Berlin

Auf dem Tempelhofer Feld in Berlin wurden rund 900 Container als Gemeinschaftsunterkünfte für Geflüchtete errichtet

Die Vertreter der Länder zeigten sich damit zunächst zufrieden. Er sei froh, dass man sich zusammengerauft habe, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD). Die eine Milliarde Euro sei in Zeiten einer schwierigen Haushaltslage “fair anzuerkennen”, sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Er betonte aber auch, der Bund müsse Verantwortung übernehmen, “die sich am Fluchtgeschehen orientiert”. Sein Kollege Weil bezeichnete das als “atmendes System”.

Erste Maßnahmen sind versprochen

Das Beschlusspapier des Flüchtlingsgipfels nennt eine Reihe von Maßnahmen und Ankündigungen, um Asylverfahren zu beschleunigen und abgelehnte Asylbewerber konsequenter abzuschieben. So verspricht die Bundesregierung unter anderem, einen Gesetzentwurf vorzulegen, um Georgien und Moldau als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Der Ausreisegewahrsam soll Scholz zufolge von zehn auf 28 Tage verlängert werden.

Zudem verspricht der Bund, die angestrebten Migrationsabkommen intensiv voranzutreiben. Sie sollen dazu führen, dass Herkunftsstaaten abgelehnter Asylbewerber ihre Staatsbürger wieder zurücknehmen. Diese Maßnahmen seien notwendig, um zu gewährleisten, dass diejenigen in Deutschland Schutz bekämen, die Schutz benötigten, sagte Scholz. Weil ergänzte, man müsse sicherstellen, dass Menschen, die kein Bleiberecht haben, Deutschland auch verlassen.

Zahl der Schutzsuchenden steigt deutlich an

Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine machten 2022 den weit überwiegenden Anteil der Flüchtlinge aus. Rund eine Million von ihnen nahm Deutschland auf. Sie müssen keine Asylanträge stellen.

Allerdings steigt auch die Zahl Schutzsuchender aus anderen Kriegs- und Krisenregionen im regulären Asylsystem, für die Länder und Kommunen aufkommen, wieder an. In den ersten vier Monaten dieses Jahres hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge fast 102.000 Asylerstanträge entgegengenommen, 78 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Hauptherkunftsländer waren seit Jahresbeginn Syrien, Afghanistan und die Türkei. Viele Kommunen sehen sich bei der Unterbringung und Versorgung der Menschen an der Belastungsgrenze.

qu/ww (epd, dpa, kna)